Paris – 1987
Anfangs 1987 schloss Verena Merz ihr Studium an der École des Beaux-Arts in Paris mit der höchsten Auszeichnung ab. Sie war jetzt freischaffende Künstlerin. Die Schule gab ihr die Möglichkeit und den Raum, vorerst weiter dort zu arbeiten, bis sie Ende Jahr ein eigenes Atelier an der Rue Chatillon fand. Paris wurde ihr zur zweiten Heimat, die sie inspirierte und ihren Ideen Raum gab.
Gefundene Gegenstände wie zum Beispiel Schieferplatten, angesengte Blätter aus einem alten Anatomiebuch, mit alter Schrift versehene Seiden- und Pergamentpapiere wurden zu Bildträgern.
Im neuen Atelier entstanden grosse harmonische Bilder auf Leinwand in Mischtechnik. Die Themen drehten sich hauptsächlich um Tor, Raum und Rhomben, wobei die Farbgebung, besonders ein tiefes Blau, wesentlich war.

Mischtechnik und Gips auf Schiefer, 1987, 28 x 22 cm

"Leichte Giraffe Dagmar",
Mischtechnik und Sand auf Leinwand, 1987, 195 x 130 cm

Mischtechnik Leinwand, 1987, 79 x 48 cm
Parallel dazu entstanden grossformatige, skizzenhafte Arbeiten auf Kraftpapier, am Boden von allen Seiten her bearbeitet. Zum dominanten Motiv wurde die Giraffe, auch Serafe (arabischer Herkunft) oder Gireiffel (vom Eiffelturm inspiriert) genannt. Der lange Hals wurde gedreht, verknotet, treppenartig geformt und mit Text versehen.
Zu den Giraffen gesellten sich Elefanten und weitere archaische exotische „Viecher“, die in unterschiedlichen Metamorphosen ineinander übergehen, von ihr „metanimal“ genannt.
Das Vergnügen an der eigenwilligen Sprachspielerei, das fröhliche Jonglieren mit Worten und Buchstaben, dadaistisch, bald in Deutsch, bald in Französisch, gaben dieser Bilderwelt das poetische, erzählende Gepräge. Ihr Wortspiel „Kultur = Urkult = Urulk“ könnte bezeichnend über diesen Werken stehen. Die grossformatigen, farbigen Papierarbeiten in schnellem lockeren Strich gemalt, waren von Verena Merz als ermunternde, geliebte Zwischenarbeit gedacht, nicht ahnend, dass gerade diese nach ihrem Tod einen grossen Stellenwert bekommen würden.
Daneben griff sie auch zahlreiche kritische Themen auf. So drückte sie zum Beispiel in einem Bild ihr Unbehangen gegenüber den Auswüchsen der Zivilisation aus: "zu viel Isolation".

"Metro", 1987, 165 x 260 cm

"That baby was born", 1987, 195 x 130 cm